ABC der Brustimplantate
In unserer täglichen Arbeit als Chirurgen:innen werden wir bei der Besprechung und Durchführung von Operationen zur Rekonstruktion und Volumenvergrößerung der weiblichen Brust, mit der Frage nach der richtigen Technik und dem optimalen Implantat konfrontiert. Brustimplantate sind seit über 50 Jahren in verschiedenen Formen erhältlich. Sie wurden ständig weiterentwickelt. Die chirurgischen Techniken wurden immer weiter verfeinert. Trotz der neuen Entwicklungen stellt sich für jede Patientin immer noch die Frage nach den Vor- und Nachteilen von Brustimplantaten. Möchte ich Brustimplantate haben? Welche Alternativen stehen mir zur Verfügung? Wie wähle ich meine:n Chirurgen:in aus? Welche Implantate, welche Größe und welche Form? Welche Oberflächenqualität? Welche Operationstechnik ist für mich die beste? In welche Gewebeschicht wird das Implantat eingesetzt?
Es ist ein schwieriger persönlicher Prozess, die Vorteile und Risiken abzuwägen und das richtige Implantat zu wählen. Im Jahr 1995 hat das Bundesamt für Gesundheit zusammen mit Experten aus Patientenorganisationen und der Ärzteschaft eine Broschüre erarbeitet, welche die wichtigsten Fragen beantwortet. Die Broschüre wurde 2001 überarbeitet und dient als Grundlage für die vorliegenden Informationen. Sie wurde von einer Gruppe von Fachleuten der Schweizerischen Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie und der Schweizerischen Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie überarbeitet und aktualisiert. Der Inhalt wurde von Patientenorganisationen überprüft.
Mit dieser Broschüre möchten wir betroffenen Frauen grundlegende Informationen über Brustimplantate geben, um allfällige Ängste und Bedenken abzubauen.
Die weibliche Brust spielt eine nicht unwesentliche Rolle im Selbstbild einer Frau. Allerdings stilisiert gerade der gesellschaftliche Fokus auf die Brust diese zu einem zentralen Symbol. Der Verlust einer Brust oder Abweichungen vom Ideal können für die betroffenen Frauen sehr belastend sein. Die plastische Chirurgie trägt dazu bei, solche Probleme mit der Brust zu lösen.
Eine Brustvergrösserung darf nur von entsprechend ausgebildeten Spezialisten durchgeführt werden. Sie sollten sich bei der Beratung über die Qualifikationen des:der Facharztes:ärztin erkundigen. In der Schweiz muss der:die Chirurg:in im Besitz des Facharzttitels FMH für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie sein. Dieser Titel kann nur durch den Berufsverband der Schweizer Ärztinnen und Ärzte verliehen werden und ist mit entsprechenden Weiterbildungen verbunden.
Sie müssen unbedingt einen Operationsbericht und die jedem Implantat beigefügten Informationen über Typ, Marke, Verfallsdatum, Füll- und Hüllenmaterial des Implantats anfordern. Diese Informationen sollten sowohl in der Krankengeschichte als auch in Ihren persönlichen Unterlagen enthalten sein. Alle Schweizer Ärzte:innen sollten zur Qualitätskontrolle die anonymisierten Daten der Prothesen in das nationale Brustregister eintragen.
Die Entscheidung, sich ein Implantat einsetzen zu lassen, ist weder einfach noch schnell getroffen. Sie sollten sich erst nach einer ausführlichen Erklärung und ausreichender Bedenkzeit für oder gegen ein Implantat entscheiden. Gegebenenfalls sollten Sie eine zweite Meinung einholen. Das Ziel der Beratung ist erreicht, wenn Sie sich über die möglichen Nebenwirkungen des Eingriffs im Klaren sind und bereit sind, sich regelmäßigen Nachuntersuchungen und ggf. Folgeoperationen zu unterziehen.
Eine Brustkorrektur kann aus verschiedenen Gründen notwendig sein. Die Folgen von Unfällen, Brustkrebsoperationen oder psychologischen Problemen, die durch subjektiv unbefriedigende oder fehlende Brüste verursacht werden, können für die betroffenen Frauen eine große Belastung darstellen.
Silikonimplantate werden unter anderem für den Wiederaufbau nach einer Brustentfernung und für die Rekonstruktion einer fehlenden Brust verwendet. Die Eingriffe dürfen nur durchgeführt werden, wenn sie medizinisch und psychologisch vertretbar sind. Ziel ist es, den betroffenen Frauen Hilfe anzubieten. Die Patientinnen fühlen sich nach der Operation in der Regel selbstbewusster und haben weniger Hemmungen und Minderwertigkeitsgefühle.
Die Form der Brust wird durch das Volumen, den Durchmesser, die Projektion und durch die Form der Prothese definiert. Eine Brustprothese hat also vier Parameter:
die Körbchengrösse
das Volumen in cc
die Projektion in cm
den Durchmesser in cm
Die häufigsten Formen sind anatomische oder tropfenförmige Prothesen, die eine größere Projektion im unteren Pol haben, so dass eine natürlichere Wölbung entsteht, und runde Prothesen, die die gleiche Projektion über den gesamten Durchmesser haben und eine bauchigere Wölbung ergeben. Derzeit gibt es runde Prothesen, die sich dank eines Silikongels, das sich leichter modellieren lässt, wie anatomische Prothesen verhalten.
Nach der Wahl des Volumens (das in cc angegeben wird) wird der ideale Durchmesser je nach der Ursprungsbrust der Patientin und der Projektion festgelegt. All diese Parameter werden zu verschiedenen Brusttypologien führen.
Die Hülle der Prothese besteht fast immer aus Silikon. Das Innere der Prothese besteht aus Gel. In den meisten Fällen handelt es sich um ein Silikongel.
Auf dem Markt gibt es verschiedene Alternativen: Wassergel, Kochsalzlösung, etc.
Derzeit sind Silikongele aus Sicherheitsgründen kohäsiv.
Im Falle eines Bruchs bleibt die gelartige Masse kompakt und tritt nicht aus der Kapsel der Prothese aus. Silikongel kann auch ergonomisch sein. Dieses Gel verleiht der Brust ein natürlicheres Aussehen und Konsistenz.
Die plastische Chirurgie hat schon immer zur Lösung von Brustproblemen beigetragen. Mit Silikongel gefüllte Implantate wurden 1962 in den USA zum ersten Mal eingesetzt. Im Jahr 1963 fand die erste Implantation mit einem salzhaltigen Füllmaterial in Frankreich statt. Die Hülle bestand immer schon aus Silikon. Silikonimplantate werden auch für andere Zwecke verwendet, z. B. zur Vergrößerung des Kinns oder als Ersatz für Hoden oder Gelenke. Nach 1980 wurden einzelne Fälle beschrieben, in denen ein Zusammenhang zwischen Silikonimplantaten und Krankheiten wie Brustkrebs oder Autoimmunerkrankungen vermutet wurden. Die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) ordnete die Konsultation von Experten an. Da die Daten über die Sicherheit von silikongefüllten Implantaten nicht ausreichten, beschloss die FDA 1992, die Verwendung dieser Implantate zu verbieten. Eine Ausnahme war die Implantation im Rahmen von kontrollierten wissenschaftlichen Studien. Mit Kochsalzlösung gefüllte Implantate sind weiterhin zugelassen. In Europa könnten Silikonimplantate weiterhin verwendet werden. 1999 veröffentlichte das Institute of Medicine (IOM) einen Bericht über die Sicherheit von Brustimplantaten. Sie zeigte deutlich, dass die Probleme mit Brustimplantaten lokal begrenzt sind und dass es laut neueren Studien keine Hinweise auf systemische Erkrankungen wie Krebs oder Autoimmunerkrankungen gibt. Im Jahr 2001 führte der deutsche TÜV ein Qualitätssiegel für Brustimplantate ein. In den USA wurden Silikonimplantate 2006 wieder zugelassen. Darauf folgte 2010 der Skandal um die PIP-Implantate, die minderwertiges Silikon als Füllmaterial enthielten, und 2015 die Empfehlung, die Implantate der brasilianischen Firma Silimed nicht mehr zu verwenden. Diese Vorfälle ereigneten sich im Rahmen strenger regulatorischer Anforderungen. Sie zeigen uns, dass wir auf eine strenge Qualitätskontrolle durch die Behörden angewiesen sind und dass wir die Anamnese der Patientinnen ständig dokumentieren und verfolgen müssen.
Die Oberfläche der Prothesenkapsel ist glatt.
In der Vergangenheit gab es mehrere Möglichkeiten, die Oberfläche zu gestalten: glatt, mikrotexturiert, texturiert (raue Oberfläche). Aus bereits beschriebenen medizinischen Gründen sind texturierte Prothesen nicht mehr im Handel.
Jedes in den Körper eingesetzte Implantat führt zu einer sogenannten Fremdkörperreaktion. Eine solche Reaktion, bei der sich eine Kapsel um das Implantat bildet, ist normal und kommt immer vor. In manchen Fällen kann sich diese Kapsel aber verdicken und zusammenziehen (Kapselfibrose), was möglicherweise zu Kalziumablagerungen führen kann. Diese können zu schmerzhaften Verhärtungen und Formveränderungen führen, die eine Entfernung der Kapsel und möglicherweise einen Ersatz des Implantats erforderlich machen.
Dieser Eingriff wird von der Grundversicherung der Krankenkasse übernommen.
1997 wurde erstmals ein Fall von ALCL (anaplastisches großzelliges Lymphom) bei einer brustimplantierten Frau beschrieben. Dabei handelt es sich um einen bösartigen Tumor, der mit einer Ansammlung von Flüssigkeit um das Implantat herum einhergeht. Dies kommt aber sehr selten vor. Wenn jedoch ein Jahr nach der Implantation eine Schwellung der Brust auftritt, muss diese Komplikation ausgeschlossen werden. Dabei wird die vollständige Entfernung der Kapsel samt Implantat empfohlen.
Bis heute sind nur Prothesen mit einer strukturierten Oberfläche von diesem Problem betroffen. Seit 2019 sind solche Implantate nicht mehr auf dem Markt erhältlich.
Die Vorsorgeuntersuchung durch Mammographie ist in den meisten Fällen auch nach einer Brustimplantation möglich. Allenfalls kann eine Sonografie durchgeführt werden. Es ist unerlässlich, den Radiologen über die Brustvergrösserung zu informieren.
Grundsätzlich sind alle Aktivitäten wie vor der Operation erlaubt. Sicherheitsgurte können bedenkenlos angelegt werden. Bei Extremsportarten müssen Sie Ihren Arzt befragen.
In der Regel wird die Stillfähigkeit durch das Implantat nicht beeinträchtigt. Sie kann jedoch bei bestimmten chirurgischen Verfahren beeinträchtigt werden.
Der Eingriff kann ambulant durchgeführt werden, d. h. ein Tag Überwachung in der chirurgischen Einrichtung und am Ende des Tages Rückkehr nach Hause, oder mit einem Krankenhausaufenthalt mit Übernachtung.
Die Operation wird unter Vollnarkose oder unter örtlicher Betäubung mit Sedierung durchgeführt und dauert in der Regel ein bis zwei Stunden.
Die Prothese kann hinter der Brustdrüse, d. h. retroglandulär, oder tiefer hinter dem Brustmuskel positioniert werden, falls das Brustvolumen nicht zu groß ist; diese zweite Technik wird als retropektoral bezeichnet. Einige Chirurgen verwenden das Dual-Plane-System, bei dem die Prothese teilweise hinter dem Brustmuskel liegt.
Bei einer Brustrekonstruktion mittels Prothese wird von Fall zu Fall entschieden, diese vor oder hinter den Muskel zu platzieren. Massgebend ist dabei vor allem die Dicke des Gewebemantels, das heisst der Fettschichtmantels unter der Haut nach der Entfernung der Brustdrüse: ist der Gewebemantel dünn, wird die Prothese hinter den Muskel gelegt, um diese besser zu verstecken. Ist er aber eher dick, kann man die Prothese vor den Muskel legen.
Sie sollten unbedingt einen Operationsbericht, sowie die jedem Implantat beigefügten Informationen zu Typ, Marke, Verfallsdatum, Füll- und Hüllenmaterial des Implantats anfordern. Diese Informationen müssen sowohl in der Krankengeschichte als auch in Ihrer Patientenakte enthalten sein.
In der Schweiz gibt es ein anonymes Brustregister, welches alle Informationen über die von allen zugelassenen Schweizer Chirurgen:innen implantierten Prothesen speichert. Nur der:die operierende Arzt:Ärztin kennt die Identität der Patientin. Das Register ermöglicht es, bei Problemen oder Rückrufen den:die Arzt:Ärztin zu informieren und Statistiken über Qualität, Lebensdauer und mögliche Komplikationen zu erstellen.
Für das Einsetzen der Prothese gibt es verschiedene Zugangsmöglichkeiten: Verwendung alter, bereits vorhandener Narben an der Brust, ein 5 cm langer halbmondförmiger Schnitt am unteren Rand der Brustwarze (periaureolär) , ein 5 cm langer Schnitt in der Brustfalte (inframammär) oder ein 5 cm langer Schnitt in der Achselhöhle.
Wenn sich eine Klientin aus ästhetischen Gründen einer Brustvergrößerung unterziehen möchte, muss sie die Kosten für die Operation, die Implantate, den Krankenhausaufenthalt und den Ausfall von Arbeitsstunden in der Regel selbst tragen. Die zusätzlichen Kosten, die sich aus möglichen unmittelbaren Komplikationen (wie Blutungen nach der Operation, Infektionen, Verschiebung der Implantate) ergeben, werden hingegen von der Versicherung gedeckt. Wenn die Operation aus medizinischen Gründen durchgeführt wird (z. B. Rekonstruktion nach einer Krebsoperation), übernimmt die Krankenversicherung alle Kosten.
In jedem Fall ist eine vorherige Absprache mit dem:der operierenden Arzt:Ärztin und der Krankenkasse erforderlich. Außerdem muss geklärt werden, ob die Kosten für die regelmäßigen Kontrollen übernommen werden.
Implantate altern und nutzen sich ab. Sie haben eine begrenzte Lebensdauer, die jedoch nicht genau vorhergesagt werden kann. Die Silikonhülle kann reißen (Ruptur) und das Füllmaterial kann in das umliegende Gewebe eindringen. Selbst durch eine intakte Hülle kann eine kleine Menge des Füllmaterials austreten. Aus diesen Gründen sollten Patientinnen mit Brustimplantaten idealerweise im Abstand von ein bis zwei Jahren kontrolliert werden.
Insbesondere Frauen, die in jungen Jahren operiert wurden, müssen damit rechnen, dass ihre Implantate im Laufe ihres Lebens ein- oder mehrmals ausgetauscht werden müssen. Die meisten Prothesen der neuen Generation haben jedoch eine lebenslange Garantie.